Von der Würde des Alters und der Vollendung des Lebens (3)
Kurt Marti (1921 – 2017) war ein Schweizer evangelisch-reformierter Pfarrer und Schriftsteller. Aus seiner kleinen Schrift „Heilige Vergänglichkeit“ seien im Folgenden einige „Spätsätze“ zitiert, die unser Nachdenken über das Altwerden bereichern können.
Claus-Dieter Klais, Diakon
Seniles Rallentando: Langsamer gehen – kürzer treten – trippeln – hinken – sich auf Stock oder Rollator stützen.
Physische Schmerzen machen einsam. Selbst mit willigster Empathie und Liebe kann niemand sie mit uns teilen. Das hat auch meine Geliebte (Martis 2007 verstorbene Ehefrau, mit der er 57 Jahre verheiratet war) erfahren müssen.
Wer kein Heim mehr hat, geht in ein Heim. Was tut er dort? Wartet auf seinen Heimgang.
Vergeistigung im Alter? Nicht doch. Die Beschäftigung mit dem Körper, vor allem mit seinen Defiziten, nimmt unliebsam überhand.
Getrübte Sinne, Trübsinn – und plötzlich ein helles Frauenlachen wie aus einer anderen Welt.
Schlimme Entdeckung: Ich kann nicht mehr pfeifen.
Und weiter verlaufe ich mich im Wald der Fragen und Widersprüche. Also lebe ich noch.
Erwünscht wäre im Alter wahrscheinlich: Heitere Resignation. Noch besser ist allerdings – womöglich dankbare – Bejahung unserer Vergänglichkeit. Sie ist vom Schöpfer gewollt und deshalb: Heilige Vergänglichkeit.